Die Natur als Weiterbildungsort ist eine zusätzliche Inspiration
Renate Meizenitsch-Eder hat an der Veranstaltung „Wir.Prägen.Graz. Den Menschenrechten auf der Spur“ teilgenommen. Dabei hat die 54-jährige Soziologin und Frühförderin nicht nur neue Impulse für die weitere Auseinandersetzung mit diesem Thema erhalten, sondern auch interessante Kontakte geknüpft und die Kombination aus Bewegung und Wissenserweiterung im Grazer Leechwald genossen.
Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich dann tatsächlich angemeldet und an der Veranstaltung teilgenommen haben?
Mir ist das Thema Menschenrechte grundsätzlich ein großes Anliegen. Ich habe mich in meinem Masterstudium „Global Studies“ umfassend mit den Menschenrechten befasst und hatte selbst schon einmal die Idee zu einem solchen Spaziergang, Als ich dann das Angebot gesehen habe, dachte ich mir: Da will ich jetzt dabei sein. Es interessiert mich, wie dieses Thema vermittelt wird. Außerdem, und das ist ja oft auch nicht unwesentlich, hatte ich an diesem Tag zufällig Zeit, weil ein beruflicher Termin ausgefallen ist.
Welche Erwartungen hatten Sie?
Ich habe mir erwartet, dass ich eine umfassende Einführung zu den Menschenrechten bekommen werde. Also: Was sind die Menschenrechte? Warum brauchen wir sie? Wie sind sie entstanden? Und: Dass man dann zu den einzelnen Menschenrechten beziehungsweise zumindest zu einigen davon, auch ganz explizit spricht – so wie es im zweiten Teil der Veranstaltung dann ja auch stattgefunden hat. Die Gruppe ist von einer Menschenrechtstafel zur nächsten gegangen, es gab Informationen und die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und sich untereinander auszutauschen. Das habe ich als sehr gut und als sehr angenehm empfunden.
Was war für Sie das Überraschendste an diesem „Menschenrechtsspaziergang?“
Dass die Gruppe eher klein war, aber dass man gerade dadurch zu so guten Gesprächen kommt. Dass so eine gute Verbindung zum Thema möglich war – theoretisch, privat und gerade auch bezogen auf den beruflichen Kontext. Das hat sehr eindrucksvoll gezeigt und bewusst gemacht, wie sehr das Thema Menschenrechte eigentlich den Alltag eines jeden von uns betrifft.
Was haben Sie von dieser Veranstaltung für Ihren Alltag mitgenommen?
Ich habe neue Menschen kennengelernt. Und ich habe gesehen, dass es bezüglich der Menschenrechte Engagement in der Erwachsenenbildung gibt; dass dieses wichtige Thema aufgegriffen wird – das ist erfreulich und motivierend. Außerdem ist es zu Vernetzungen gekommen, die für mich beruflich und privat von großem Interesse sind.
Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben – was hat nachhaltig auf Sie gewirkt?
Das Thema Staatenlosigkeit und das damit verbundene sehr aktuelle Beispiel von Palästina, das die Referentin eingebracht hat. Das war für mich tatsächlich ein Aha-Erlebnis. Eines mit hohem Aktualitätsbezug, das in mir nachwirkt.
Weiterbildung bei einem Waldspaziergang – wie haben Sie das empfunden?
Als sehr, sehr schön; ich mag so alternative Lernplätze – vor allem in der Natur. Es ist motivierend und angenehm im Freien in Bewegung zu sein und dabei etwas zu erfahren und zu lernen. Das ist doppelt inspirierend. Man lernt nicht nur neue Menschen, sondern auch neue Lebensräume kennen – neue Orte und Plätze. Graz bietet da sicher viele attraktive Möglichkeiten, um Weiterbildungsangebote abseits von klassischen Lernräumen abzuhalten.
Würden Sie diese Veranstaltung weiterempfehlen? Warum?
Ja, auf alle Fälle. Weil das Thema enorm wichtig ist; vor allem aber auch, weil es sehr unkompliziert ist, daran teilzunehmen – und weil es eine schöne und auch kostengünstige Möglichkeit ist, etwas zu lernen. Und das völlig ungezwungen inmitten der Natur. Es wurde ja am Ende der Veranstaltung bereits der Wunsch nach Wiederholung geäußert. Ganz besonders weiterempfehlen kann ich auch dieses Format, das es ja zu vielen verschiedenen Themen gibt – da ist also für die unterschiedlichsten Interessen etwas dabei.
Außerdem kann eine solche Veranstaltung ein toller Impulsgeber und Motivation dahingehend sein, sich weiterhin in ein Thema zu vertiefen.
Worin sehen Sie den besonderen Wert speziell dieser Veranstaltung?
Es ist wichtig, Menschen mit den Menschenrechten zu konfrontieren. Ich glaube nämlich nicht, dass es weitläufig bekannt ist, was da drinnen steht, warum es die Menschenrechte gibt und was sie bedeuten. Es ist also wichtig, sich bewusst zu machen, wie sehr die Menschenrechte mit jedem Einzelnen von uns zu tun haben, wie sehr sie unseren Alltag prägen – da geht es ja nicht zuletzt auch um das Recht auf Bildung, auf Arbeit, auf Menschenwürde; unabhängig von Religion, Rasse und Herkunft. Das betrifft uns doch alles tagtäglich.
Was würde es für das gesellschaftliche Zusammenleben bedeuten, wären die Menschenrechte bekannter und stärker im Bewusstsein der Menschen verankert?
Ich könnte mir gut vorstellen, dass ein intensives Bewusstmachen, Hinweisen und damit Auseinandersetzen durchaus Prozesse in Gang setzten kann – in der Art von: Aha, daher habe ich diese Möglichkeit. Aha, es gibt dieses Recht, diese Unterstützung. Es ist wichtig zu erkennen: Menschenrechte betreffen nicht nur andere, sie betreffen auch mich – sie geben mir Sicherheiten, eröffnen mir Möglichkeiten, sie sind ein Leitbild – auch hinsichtlich gesellschaftlicher Teilhabe und politischer Entscheidungen.
Und gerade hier bei uns in der Steiermark sollte auch jede und jeder wissen, dass unsere Landeshauptstadt, dass Graz, eine ausgewiesene Menschenrechtsstadt ist – und was das heißt. Das ist ja eine Errungenschaft, die zu schätzen ist – und das sollte jedem hier bewusst sein.
Wie wichtig ist Ihnen das Thema Weiterbildung generell?
Sehr wichtig! Ich mache beispielsweise gerade berufsbegleitend das Master-Studium „Soziale Arbeit“. Da merke ich besonders, wie wichtig es ist, sich mit aktuellen Themen aus verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen. Das Schöne in der Erwachsenenbildung ist ja, dass man da völlig frei und nach eigenem Ermessen und Interessen auf ein breites Angebot zurückgreifen kann – da gibt es umfassende Ausbildungen ebenso wie kleinere Aktivitäten. Der Menschenrechtsspaziergang hat etwa nur zwei Stunden gedauert – eine schöne Freizeitbeschäftigung mit hohem Bildungsfaktor.
Welche Weiterbildungen haben Sie bereits absolviert?
Ich habe mich im Laufe meines Lebens immer wieder fortgebildet, um mich beruflich, aber auch persönlich weiterzuentwickeln. Das geht dann ja oft auch Hand in Hand. Oft waren es Ergänzungen zu meinem Beruf. Ich habe etwa die Ausbildung zum Marte Meo-Practitioner gemacht. Im beruflichen Kontext komme ich nämlich oft an einen Punkt, wo ich merke, jetzt ist die Zeit wieder reif dafür, etwas Ergänzendes oder Zusätzliches zu machen. Dazu kommen dann aber auch Weiterbildungen wie etwa vor längerer Zeit eine Englisch-Auffrischung; die habe ich am Internationalen Sprachzentrum gemacht. Und als Fitness-Trainerin besuche ich auch laufend Weiterbildungen, was mir große Freude macht, so habe ich mich aktuell bei einem Sportkongress angemeldet.
Was ist in Sachen Weiterbildung als nächstes in Planung?
Jetzt bin ich einmal mit meinem Studium beschäftigt; danach würden mich so kleinere Weiterbildungen interessieren, wie etwa dieser „Menschenrechtsspaziergang“ – also ganz spontan etwas, das mich gerade anspringt und sich mit meinen zeitlichen Ressourcen vereinbaren lässt.
Wie finden Sie diese Angebote?
Wie jetzt – ich sehe zufällig etwas auf Facebook, im Internet oder auf einem Plakat; sehr gerne habe ich auch die Weiterbildungs-Programme diverser Erwachsenenbildungseinrichtungen. Die blättere ich durch und schaue, ob mich etwas anspringt.
Wie schätzen Sie den Stellenwert der Erwachsenenbildung in der Gesellschaft generell ein?
Lebenslanges Lernen ist enorm wichtig. Aber ich fürchte, dass das für die Mehrheit der Menschen leider nur ein Randthema ist. Jene, die dahingehend aus einem entsprechenden Umfeld kommen, also bereits sensibilisiert sind, sind dafür durchaus offen – das ist aber eben nur ein kleiner Teil.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Da spielen sicher mehrere Gründe zusammen. Ich glaube, dass es allen voran noch mehr Niederschwelligkeit braucht. Man muss eine Sprache finden, die die Menschen anspricht und die sie verstehen. Und es sollten durchaus auch mehr Gefühle angesprochen werden – nicht nur der theoretisch-sachliche Aspekt ist wichtig, sondern auch der praktisch-emotionale. Und natürlich spielen auch Kosten- und Zeitfaktoren immer eine Rolle.
Was ich zudem sehe: Der Begriff Bildung hat oft auch noch etwas Spaltendes – im Sinne von Bildung ist etwas für „die da oben“. Für „uns da unten“ ist das nicht so ein Thema. Da müsste man vielleicht auch den Begriff per se ändern oder öffnen.
Es ist wichtig, die Menschen einfach auch an der Hand nehmen und sie dorthin zu führen, wo Bildung ist und sie entsprechend begleiten. Da sagt dann bestimmt so mancher: Da schau her, es gibt die Menschenrechte – wie interessant! Ich habe jetzt davon gehört, da möchte ich mehr wissen, da möchte ich mich vertiefen.
Speziell Randgruppen, wo die Berührungsängste noch größer sind, müssen verstärkt abgeholt werden – auch in der Erwachsenenbildung. Das Interesse, davon bin ich überzeugt, ist vielfach da.
Was wünschen Sie sich hinsichtlich der Erwachsenenbildung?
Die Angebote sind meines Erachtens gut und breit gefächert. Allerdings müssten sie sichtbarer sein; also die Menschen mehr anspringen, damit auch jene erreicht werden, die nicht aktiv suchen. Also dort wo viele Menschen sich tummeln – im Internet, im öffentlichen Raum, in öffentlichen Verkehrsmitteln und dergleichen sollten Angebote sichtbar sein. Die Niederschwelligkeit habe ich schon erwähnt. Und was die Bildungsorte angeht, so spielt sicher die Erreichbarkeit eine wichtige Rolle. Sehr ansprechend finde ich es, wenn Orte, die aus einem anderen Zusammenhang vertraut sind, als Bildungsorte genützt werden – ein Pfarrsaal zum Beispiel. Praktisch finde ich auch Online-Angebote – wenn sie nicht zu lange angesetzt sind.
Bildung wirkt … wenn sie ansprechend für entsprechende Zielgruppen aufbereitet wird und wenn sich Menschen dazu ermutigt fühlen, mit dabei zu sein.
Das Interview erschien am 29. August 2024 auch in der Woche Steiermark. Vielen Dank an die WOCHE Steiermark für die Berichterstattung und Kooperation!
Weiterführende Informationen
Im Weiterbildungsnavi Steiermark finden Sie tausende Bildungsangebote zu unterschiedlichen Themen. Es ist bestimmt auch etwas für Sie dabei! Hier finden Sie auch weiterführende Informationen zu den Angeboten des Bildungsforums Mariatrost sowie zu den Themenbereichen Gesellschaft, Politische Bildung, Demokratie und Frieden.
Und wenn Sie noch nicht ganz wissen, welche Chancen es für Sie im Bildungskontext gibt: Information und Beratung zu allen Fragen der Aus- und Weiterbildung für Erwachsene erhalten Sie im Bildungsnetzwerk Steiermark anbieterneutral und kostenlos: