Susanne Agy, 53, hat Erwachsenen- und Berufspädagogik studiert, ist seit 12 Jahren als Bildungsberaterin beim Bildungsnetzwerk Steiermark tätig und betreibt zudem eine Praxis als psychologische Beraterin und Coach.
Welche beruflichen Stationen haben Sie als Beraterin ins Bildungsnetzwerk Steiermark geführt?Ich war zehn Jahre lang als Trainerin und Beraterin im arbeitsmarktpolitischen Bereich tätig. 2012 habe ich mich dann dazu entschlossen, mich künftig mit Kundinnen und Kunden zu beschäftigen, die aus freien Stücken zu einer Beratung kommen. Ich habe mich deshalb beim Bildungsnetzwerk Steiermark beworben – dort war diese Stelle gerade kurz vor der Ausschreibung. Das hat für beide Seiten perfekt gepasst.
Was ist das Reizvolle an Ihrer Tätigkeit?Die Vielfältigkeit. Es gibt da zum einen die Informationsschiene, wo Kundinnen und Kunden „nur“ ganz klare Infos brauchen und ich sie dahingehend serviciere. Und dann ist da die Beratungsschiene, wo es um Orientierung, Umorientierung, das Sichtbarmachen der eigenen Kompetenzen oder das Kennenlernen neuer Berufsfelder geht.
Wie und wo läuft so eine Beratung ab und wie lange dauert sie?Beratungen finden nach Terminvereinbarungen statt – hauptsächlich telefonisch aber auch face-to-face. Im Schnitt dauert eine Beratung zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Sie ist aufgrund der Finanzierung durch das Land Steiermark kostenlos und anbieterneutral, die Gespräche sind vertraulich und alle Daten werden anonymisiert.
Wer nimmt dieses Angebot vornehmlich in Anspruch?Das ist absolut bunt – ich habe in der Beratung Menschen aller Altersgruppen und aller Bildungsschichten. Vornehmlich jedoch Frauen.
Was sind die häufigsten Anliegen?Es ist meist ein indirektes Erfragen von Möglichkeiten, von neuen Wegen in der Arbeitswelt und Potenzialen. Das klingt dann beispielsweise so: „Ich bin schon so lange in dieser Firma und in dieser Branche. Ich möchte gerne wissen, was für mich noch passend wäre …“ Den Kundinnen und Kunden geht es um ein Neujustieren.
Welche Ausbildungen befähigen Sie, diese Beratungen zu machen?Ich habe das Studium der Erwachsenen- und Berufspädagogik abgeschlossen und eine Ausbildung zum systemischen Coach absolviert. Zudem bin ich Sozial- und Lebensberaterin – das habe ich über den sogenannten individuellen Weg gemacht. Und ich habe die Meisterschule für Metall-Gestaltung besucht. Mir ist es nämlich wichtig, als Beraterin einen möglichst breiten Bildungshintergrund zu haben – theoretisch aber vor allem auch durch praktische Einsicht.
Warum ist ein Angebot wie die Bildungsberatung so wichtig?Weil sie einen guten Service für Menschen darstellt, denen bewusst ist, dass professionelle Unterstützung auf ihrem Weg sehr hilfreich sein kann. Und der ihnen eine wichtige und wertvolle Orientierungs- und Entscheidungshilfe bietet.
Was motiviert Menschen, sich dem Thema Weiterbildung zu widmen?Zum einen ist das der berufliche Hintergrund, weil man sich weiterentwickeln oder neu orientieren möchte. Oder es ist den Kundinnen und Kunden einfach ein persönliches Anliegen, sich weiterzubilden, etwas Neues in Angriff zu nehmen.
Welche Entwicklungen hinsichtlich der Bedürfnisse können Sie in der Bildungsberatung beobachten?Ich mache das nun seit 12 Jahren und es zeigt sich, dass die Bedürfnisse, Wünsche und Motivationen immer die gleichen bleiben – weil auch die Ausgangssituationen sich nicht verändern. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es Bildungsberatung gibt.
Was ist für Menschen letztlich der entscheidende Faktor, sich für ein Angebot zu entschließen?Da gibt es zwei ausschlaggebende Faktoren: die Finanzierung und die zeitlichen Ressourcen. Die Frage, ob und wie man sich ein Angebot leisten kann bestimmt die Entscheidung. Da ist für mich als Beraterin Perspektiven-Arbeit sehr wichtig, wo mit Kundinnen und Kunden ausgelotet wird, wo sie stehen, welche finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, wie viel man investieren will oder kann.
Welche Rolle spielen dahingehend Förderungen?In sehr vielen Fällen eine absolut entscheidende. Wenn jetzt etwa Bildungskarenz oder vielleicht auch die Bildungsteilzeit in Frage gestellt beziehungsweise gekürzt werden könnten, wird das für viele (Weiter-)Bildungsinteressierte sicher problematisch. Diese Angebote ermöglichten es, sich voll auf einen Schwerpunkt zu konzentrieren – und das ist für die bildungsmäßige Weiterentwicklung und das berufliche Fortkommen natürlich zentral.
Wie gestaltet sich dahingehend die Förderlandschaft? Stichwort Individualförderung!Da schaut es in der Steiermark nicht wirklich gut aus. Es gibt ganz allgemein den „Graz Fonds für Aufstieg und Entwicklung“ – für Menschen mit sehr niedrigem Einkommen. Das Land Steiermark fördert den Bereich „Lehrlinge“ und „Pflege“ und beim AMS wird individuell entschieden, wer in welchem Bereich gefördert wird. Da kommen vor allem die Bereiche Technik und Pflege zum Zug.Die Förderlandschaft in Österreich ist von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden. Angebote wie das „Weiterbildungskonto“ in Salzburg oder den „Wiener Ausbildungs-Förderungs-Fonds“ gibt es in der Steiermark leider nicht. Die, seitens der steirischen Erwachsenenbildung, im Rahmen der Steirischen Erklärung geforderten Individualförderungen wären wirklich wichtig.
Was würde es brauchen, damit mehr Menschen auf Weiterbildungs-Angebote zurückgreifen?Da ist wohl der Stein der Weisen gefragt. Trotz unterschiedlichster Initiativen verlaufen die Bemühungen bei so genannten bildungsfernen Schichten teils immer wieder in der Sackgasse. Sie bleiben schwer erreichbar. Hier sind sicher mehr Bemühungen erforderlich – es braucht verschiedene, zum Teil sicher auch andere Zugänge und einen langen Atem. Und jene, denen die Bedeutung von Lebenslangem Lernen bewusst ist, nehmen Angebote, soferne finanziell und zeitlich realisierbar, auch in Anspruch.
Wer oder was motiviert am meisten, sich weiterzubilden?Interessanterweise funktioniert es am besten, wenn jemand in der unmittelbaren Umgebung ein Vorbild hat. Also jemanden, der etwas gemacht hat und damit erfolgreich war – bei der Jobsuche, beim Jobwechsel aber auch bei der Ernährungsumstellung oder der Lebensstil-Änderung. Kennt man jemanden persönlich, der es gemacht und geschafft hat, ist die Motivation groß, es ebenso zu versuchen.
Wie sehen Sie generell den Stellenwert der Erwachsenenbildung in unserer Gesellschaft?Bei sehr vielen Menschen ist der Wille zum Lebenslangen Lernen an sich da – und auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit. Da ist, wie schon gesagt, die Finanzierung oft der Hemmschuh. Von politischer Seite hat die Erwachsenenbildung leider nach wie vor eher einen zu niedrigen Stellenwert und wird oft, vor allem wenn es um Investitionen bzw. zur Verfügung stellen von Budgetmittel geht, hintangestellt.
Was wäre da notwendig?Zuallererst sicher die Erkenntnis, dass (Weiter-)Bildung nun einmal die Basis für berufliche und persönliche Weiterentwicklung ist, aber auch die Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben darstellt. Es braucht also, vor allem auf entscheidender Ebene, ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Umdenken – und ein anderes Wertesystem. Und auf dies aufbauend ein neues Handeln – auf allen Ebenen.
Wie wichtig ist Ihnen persönlich das Thema Weiterbildung?Sehr wichtig. Ich nehme regelmäßig an Seminaren und Online-Kongressen teil. Im Mai besuche ich etwa eine Fachtagung in Wien. Dabei geht es um Weiterbildungen, die ich für meine Tätigkeit als Bildungsberaterin beim Bildungsnetzwerk Steiermark und auch für die Arbeit als Psychologische Beraterin und Coach gut brauchen kann – und persönlich ist jede Form der Weiterbildung ein Gewinn.
Ungeachtet von Zeit, Kosten etc., was würden Sie gerne in Angriff nehmen?Abseits dessen, was auf meinem Plan steht, gibt es da aktuell nichts. Mir geht es gut, denn ich setze alles um, was mir wichtig ist. Das macht mich zufrieden.
Bildung wirkt … immer!
Im Weiterbildungsnavi Steiermark finden Sie tausende Bildungsangebote zu unterschiedlichen Themen. Es ist bestimmt auch etwas für Sie dabei! Einen ersten Einblick in ausgewählte Berufsfelder, die benötigten Ausbildungen und mögliche Perspektiven finden Sie unter Bildung und Beruf. Wenn Sie sich gerne beraten lassen möchten, finden Sie hier weiterführende Informationen.
Bildungsberatung wird in Graz durch das Bildungsnetzwerk Steiermark, AMS BerufsInfoZentren und die AK-Bildungsberatung angeboten. Aktuelle Förderungen finden Sie in der Österreichischen Kursförderdatenbank.
Die vom Bildungsnetzwerk Steiermark erhobene Beratungsstatistik 2024 bildet die Beratungszahlen des Bildungsnetzwerk Steiermark (684), der Arbeiterkammer (2.124) und der Berufsinformationszentren (5.616) des AMS ab. Die Themen, die in den Beratungsgesprächen am häufigsten vorkamen zeigen, dass die Bildungsberatung des Bildungsnetzwerk Steiermark vorangig zu den Themenbereichen Berufliche Weiterbildung, Förderungen (Individuelle Förderungen für Aus- und Weiterbildung, Stipendien) sowie Individuelle Kompetenzen (Standortbestimmung oder ähnliches) kontaktiert wurde. Frauen (465) suchten häufiger Beratung als Männer (219), dabei vor allem die Altersgruppe der 35-44 Jährigen. Bei den angefragten Berufsfeldern rangiert nach wie vor Erziehung / Bildung / Soziales an erster Stelle, gefolgt von Büro / Handel / Finanzen sowie Gesundheit / Medizin / Pflege.