Bildung wirkt wie eine Medizin
Johann Baumgartner kommt eigentlich aus dem Agrarbereich und ist über die Kunst und Kultur sowie sein Studium „Erwachsenenbildung“ im Steiermarkhof angekommen – dort ist er Referent für Bildung und Kultur.
War der Bildungsbereich bei Ihrer Berufswahl von vorneherein ein Thema?
Nein, eigentlich nicht. Diese Entscheidung ist erst im Laufe meines Lebens gefallen. Anders als bei meinem Sohn, der schon in der Volksschule wusste, dass er einmal Radio-Moderator werden will. Jetzt ist er bereits mitten in der Praxis. Bei mir hat sich das Stück für Stück herauskristallisiert. Ich komme ursprünglich aus dem Agrarbereich und habe erst nach dem Agraringenieur im Francisco Josephinum in Wieselburg begonnen, Erwachsenenbildung zu studieren.
Was war die Motivation dafür?
Es waren Erstkontakte mit Bildungsverantwortlichen sowie Freunde und Bekannte aus dem Kunst- und Kulturbereich. Über sie habe ich oft an Ausstellungen und Konzerten teilgenommen. Später wurde ich dann mit der Frage konfrontiert, ob ich denn nicht im Steiermarkhof – vorher Raiffeisenhof – arbeiten wolle. Anfangs war ich im Veranstaltungsmanagement tätig, was mir große Freude bereitet hat, und schließlich bin ich dann Bildungs- und Kulturreferent geworden.
Wie hat sich diese Berufsentscheidung auf Ihr Leben ausgewirkt?
Mein beruflicher Werdegang hat mir einen großen Mehrwert gebracht. Mein gesamtes Leben ist durch Kultur und Bildung bereichert worden. Ich habe immer mit Menschen zu tun gehabt, die offen für Neues waren und diesbezüglich auch sehr aktiv Weiterbildung betrieben haben. So bin ich auch selbst über all die Jahre ein Lernender geblieben. Ich kann nach wie vor immer wieder Neues entdecken und mich dafür begeistern – so wird mir mein Beruf auch nicht langweilig. Hätte ich das Gefühl, ich kann nichts mehr lernen, wäre das wohl der Punkt, wo ich zurücktreiben würde.
Wie hat Ihr Bildungsinteresse Ihr Berufsleben geprägt?
Ich habe vier Mal eine Meisterausbildung gemacht – Sanitätsmeister, Landwirtschaftsmeister, NLP-Master und Master of Advanced Studies. Meine Masterthesis habe ich zum Thema Kunst und Bildung geschrieben und mit Auszeichnung abgeschlossen. Aber ich fühle mich in keinster Weise wie ein Meister; im Gegenteil: ich stehe immer am Beginn! Jeder Tag ist ein Neustart. In einem Studium eignet man sich zwar viel Wissen an, das sagt aber wenig über die Kompetenzen für das Leben aus.
Was mein Privatleben angeht, so haben diese vielen Ausbildungen vor allem meine sozialen Kompetenzen entscheidend erhöht.
Hat Ihre Berufs- und Bildungsbiografie auch Ihr Familienleben beeinflusst?
Auf alle Fälle. Vor allem meine zwei Kinder haben mich sehr geprägt; speziell in Bezug auf meine sozialen Kompetenzen. Das Leben in einer Familie zeigt einem, dass man nicht alleine und nicht die Nummer eins ist, sondern dass es eben auch andere gibt, die wichtig und sogar noch wichtiger sind – eben meine Frau, mit der ich mehr als 20 Jahren verheiratet bin, und meine Kinder. Bildungspolitisch haben mich die Kinder insofern geprägt, als dass ich zwei Mal mit maturiert habe. Vor allem in Sachen Zeitgeschichte konnte ich sie gut begleiten.
Welche Botschaft möchten Sie im Zusammenhang mit „Bildung wirkt“ übermitteln?
Bildung wirkt – und das auf vielen unterschiedlichen Ebenen. Sie wirkt in erster Linie bei einem selbst. Sie wirkt im engeren Umkreis im Rahmen von Familie und Freunden. Sie wirkt im Beruf und sie wirkt in der Gesellschaft. Bildung ist wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird und Kreise zieht. Die Bildung ist der Kern, das Humankapital, das den Menschen ausmacht. Die vielen kleinen Wasserwellen um diesen Kern herum stehen für die vielen Kreise, die Bildung zieht.
Was erwarten Sie im Bildungskontext auf der individuellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebene?
Wenn ich mir den Ukraine-Krieg anschaue, sehe ich leider, dass Bildung noch nicht wirklich überall gewirkt hat. Hab-, Machtgier und Neid schlagen unsere Aufklärung zurück. Dieser Krieg führt uns vor Augen, dass man in einer aufgeklärten Gesellschaft in Europa plötzlich den Eindruck gewinnen muss, dass Bildung keine Wirkung gehabt hat. Menschen töten, Kinder töten, Geburten-Stationen bombardieren, andere überfallen und ihren Besitz an sich reißen – das sind Steinzeit-Syndrome. Da hat Bildung nicht gewirkt. Ich würde mir aber nichts mehr wünschen, als dass Bildung wirkt. Und zwar nicht nur kurzfristig, sondern über Generationen hinweg – auf ewig.
Bildung wirkt … wie eine Medizin, die es braucht, um überhaupt erst Mensch sein zu können!
Für mich persönlich hat Bildung auch immer den Auftrag, dass sie mit anderen geteilt wird. Bildung nur für sich selbst zu nützen, ist nicht genug, es ist eine menschliche Verpflichtung, Bildung zum Wohl der anderen auch zu teilen – egal, ob als Arzt oder als Bildungsreferent. Im Bildungskontext erwarte ich mir, dass Bildung wirklich wirkt – auf allen Ebenen.
Weiterführende Informationen
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