Natur & Umwelt: Vieles ist im Wandel – manches sogar zum Besseren.
Natur & Umwelt: Vieles ist im Wandel – manches sogar zum Besseren.
Durch ein ambitioniertes LIFE+ Projekt sollen mehrere Natura2000 Gebiete zum Lebensraumverbund Ausseerland zusammenwachsen. Weiterbildung und Informationsveranstaltungen sind Projektschwerpunkte.
Gleich einmal vorweg: Vielen herzlichen Dank an Dipl.Ing. Anna-Sophie Pirtscher und Dr. Harald Haseke für die umfassenden Informationen zum Life+ Projekt und die inkludierte Motivation, ein wenig aufmerksamer durch die Natur zu laufen – und vielleicht sogar in die eine oder andere Infoveranstaltung oder ein Seminar zu aktuellen Umweltthematiken reinzuschnuppern.
Vieles ist im Wandel – manches sogar zum Besseren
Im „Ausseerland“ werden zur Zeit neben finanziellen Mitteln (Infos zur Finanzierung s.u.) umfassende Expertise aus den unterschiedlichsten Sparten und Wissenschaftsbereichen, Hirnschmalz und Teamgeist, Muskel- und Maschinenkraft gebündelt und koordiniert, um in einem ambitionierten Life+ Projekt mehrere Natura 2000 Naturschutzgebiete zum Lebensraumverbund Ausseerland zusammenwachsen zu lassen.
Das Projektgebiet ist groß, die Vorhaben sind ambitioniert: Auf rund 2.600ha (!) Fläche soll die Vielfalt der Wälder erhöht werden. Darüber hinaus werden Moor-Renaturierungen durchgeführt, entlang der Bäche Biotopverbünde geschaffen und durch gezielte Eingriffe viele Arten wie z. B. seltene Moosarten, der Alpen-Kammmolch, der Schwarzspecht, Raufußhühner (Birkhuhn, Auerhuhn), … gefördert. Durch Neuausweisung von Trittsteinen wird eine Verbindungsachse zwischen zwei Gebirgsachsen geschaffen. Soviel zur (drastisch verkürzten) Projektbeschreibung. Vorrangig interessierte uns im Bildungsnetzwerk natürlich, welche Rolle Weiterbildung und Informationsangebote im Rahmen von Natur & Umwelt-Projekten einnehmen und haben daher im Life+ Projekt nachgefragt. Aber im Zuge der Projektbeschreibung drängte sich eine ganz andere erste Frage vor:
Was kann man sich unter „Trittsteinen“ vorstellen? Trittsteine für Auerhühner?
Es ist selbstverständlich [Anm: sollte selbstverständlich sein], dass wir beim Bau von Gebäuden und Siedlungen auf Verbindungswege und auf Barrierefreiheit für alle Menschen achten. Genauso verlangen Naturräume überall dort, wo Menschen eingreifen, soviel an Achtsamkeit, dass wir nicht die bestehenden Ökosysteme auf ein allzu kleinräumiges, abgeschlossenes Inselleben reduzieren und somit unbeabsichtigt zum Artensterben beitragen. Wo bereits Barrieren errichtet worden sind – und derer gibt es wahrlich viele – sind nun Lösungen zu suchen, diese abzubauen oder zu umgehen, so dass die vernetzten Ökosysteme (wieder) funktionieren und sich entwickeln können.
Nun zu den Raufußhühnern: Auf beiden Gebirgsachsen um das Mitterndorfer Talbecken bestehen jeweils Populationen von Auerhühnern. Bleiben die Populationen dieser eindrucksvollen Großvögel isoliert, dann kann das über kurz oder lang problematisch werden. Durch Naturraum-Brücken, die den Talboden überwinden helfen, wird ermöglicht, dass sich der Lebensraum der Tiere wesentlich erhöht, sich die Populationen ausbreiten und mischen können. Als Trittsteine werden geschützte Verbindungen bzw. „Ruheräume“ bezeichnet, die die einzelnen Schutzgebiete miteinander zu einem größeren Gebiet oder Naturraum zusammenführen. Diese Brücken werden sehr schonend bewirtschaftet und dann natürlich nicht nur von Raufußhühnern genutzt.
Einige Arten sind besonders in Bedrängnis geraten – sie sind an Gewässer und Feuchtgebiete gebunden und in diesem Bereich ist in der Vergangenheit bereits sehr viel zerstört worden. Man denke an die Amphibien, also Frösche, Unken und Molche, oder an seltene Fischarten oder den Steinkrebs. Sie profitieren besonders von einer Systemerweiterung. Allerdings nicht durch Landbrücken, sondern durch ein Verbundsystem von Gewässern. Daher werden die noch vorhandenen Moore, die Tümpel und die Bäche zum „Mitterndorfer Biotopverbund“ zusammengefasst. Auch hier begnügt man sich nicht mit reinem „Schutz“, sondern stellt die natürlichen Strukturen so gut wie möglich wieder her und beseitigt Eingriffe und Störungen. Man denke hier an die vielen entwässerten Moore, Betonabstürze in den Bächen oder zugeschüttete Tümpel. Ohne die aktive Mitwirkung der Verantwortlichen für die Gewässer – Wildbach- und Lawinenverbauung und Schutzwasserbau – wäre diese Aufgabe unmöglich zu bewältigen. Im LIFE Projekt sind sie Partner der Bundesforste.
Oft bringen aber auch schon kleine Maßnahmen große Erfolge – dabei geht es in erster Linie um Aufmerksamkeit, um das „gewusst wie“ und das „gewusst wo“.
Welche dieser kleinen Artenschutzmaßnahmen wurden schon umgesetzt?
Wir haben z.B. festgestellt, dass Weideroste in den (Forst)Straßen für Amphibien (z.B. die Gelbbauchunken) eine tödliche Gefahrenquelle darstellen – sie fallen durch die Gitter, schaffen es nicht mehr heraus und verhungern. Daher wurden die Weideroste durch den Einbau von Amphibien-Aufstiegshilfen barrierefrei gemacht. Hier kann jeder beitragen und z.B. eine selbst gezimmerte kleine Rampe in offene Kanalschächte (oft an den Straßenrändern) und in die Schächte seiner Kellerfenster stellen!
Oder dass Bachläufe oft durch Forststraßen oder senkrechte Abstürze (Verbauungen) unterbrochen werden. Diese Unterbrechungen wirken sich fatal auf an Wasser gebundene Lebewesen, wie z.B. den schon so seltenen Steinkrebs aus. Sie können dann nicht mehr aufwärts wandern. Durch Spezialverrohrungen und Steinschlichtungen konnten auch hier die Barrieren bereits erfolgreich beseitigt werden. Das geht über die Möglichkeiten des Einzelnen hinaus, ist aber locker von jedem Forstbetrieb zu schaffen und vielleicht braucht es manchmal nur einen kleinen Anstoß zur Umsetzung…
Das sind natürlich nur kleine Beispiele von Maßnahmen, die im Projekt gesetzt werden. Naturwissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen, die Bundesforste, Gemeinden, Behörden, eingebundene NGOs …. alle arbeiten im Projekt eng zusammen. Derart konnten schon etliche erfolgreiche Maßnahmen gesetzt werden – und wir haben noch viel vor.
Und außer dem Anbringen von Aufstiegshilfen für Amphibien – können einzelne Privatpersonen noch mehr dazu beitragen, um selten gewordene Tierarten zu unterstützen?
Aber ja! Im Projekt haben wir z.B. zahlreiche Tümpel zur Erhaltung des Alpenkammmolchs geschaffen und es kommen noch etliche weitere dazu. Seine Vorkommen sind immens zurückgegangen, da ihm seine Lebensgrundlage – adäquate nämlich relativ große Laichgewässer (über 50 Quadratmeter und an einer Stelle mindestens 1 Meter tief)– in der Vergangenheit immer mehr entzogen worden ist. Von sicherlich tausenden dieser kleinen Drachen ist der Bestand auf wenige Dutzend zurückgegangen. Wir wissen aber, dass Amphibien auch von künstlich angelegten Biotopteichen in den Gärten stark profitieren und diese – in Ermangelung natürlicher Gewässer – als Laichgewässer gerne annehmen. Wichtig ist aber, dass auf keinen Fall Fische in die Gartenteiche eingesetzt werden, sonst haben Amphibien keine Chance zu bestehen. Das gilt natürlich auch für Regionen außerhalb des Projektgebietes.
Sehr problematisch ist aber: Aus Unwissen werden immer wieder verschiedenste Fische und andere Tiere aus Aquarienhaltung in natürliche Gewässer ausgesetzt. Das Aussetzen dieser Tiere ist nicht nur – sehr zurecht – verboten, es stört auch das natürliche Gleichgewicht und ganz besonders die bereits in arge Bedrängnis geratenen Amphibienarten. Für den Steinkrebs ist das Aussetzen des beliebten Signalkrebses aus den USA überhaupt tödlich, da der „Alien“ die Krebspest mitbringt. Die Wasserqualität leidet unter Umständen zusätzlich. Sagt das bitte auch allen und überall weiter!
Ich seh schon, meine Frage, ob Information und Weiterbildung in Natur- und Umweltschutz-Projekten eine wichtige Rolle zukommt, hat sich inzwischen erübrigt. Werden in diesem Projekt auch dementsprechende Schwerpunkte gesetzt?
Ja natürlich. Weiterbildung und Informationsangebote sind ganz wichtige Teile in jeglicher Natur- und Umweltschutzarbeit – besonders auch in diesem Projekt. In erster Linie geht es uns freilich darum, die Menschen, die in der Region leben, über das Projekt, aktuelle Themen und die Entwicklungen zu informieren und einzubinden. Geplant ist aber auch, offene Informationsveranstaltungen und Workshops anzubieten.
Vielen Dank für die Informationen aus dem Life+ Projekt, wir wünschen viel Erfolg bei der weiteren Umsetzung!
Das LIFE+ Projekt „Ausseerland“ läuft, finanziert von der Europäischen Union aus Mitteln der LIFE+, dem Lebensministerium, dem Land Steiermark und den Bundesforsten, von 2013 bis 2019. Nähere Informationen zum Projekt finden Sie unter: http://www.bundesforste.at/natur-erlebnis/life-projekt-ausseerland.html |
Nun noch 2 Hinweis für Sie:
Sie suchen schon jetzt eine Weiterbildung oder Informationen zu Natur, Umwelt, Klima und Klimaschutz in der Steiermark, dann werfen Sie doch z.B. einmal einen Blick in das vielfältige Bildungsprogramm der Naturparkakademie Steiermark: http://www.naturparkakademie.at/programm.php
Und sollte Sie die Begeisterung für unsere Umwelt und die Naturräume ohnehin längst gepackt haben und Sie nichts lieber möchten, als ihre Begeisterung an andere weiterzugeben: Der Nationalpark Gesäuse startet demnächst in Kooperation mit dem Nationalpark Kalkalpen mit einer Ausbildung zur Nationalpark-Rangerin/zum Nationalpark-Ranger (für nähere Informationen und Bewerbung für die Ausbildung wenden Sie sich bitte an den Nationalpark Gesäuse | martin.hartmann@nationalpark.co.at | +43 664 8252 304 | www.nationalpark.co.at )