10 Jahre Ö-Cert: Auf dem Weg zur Bildungsqualität
Am 30. März 2022 fand in der Wiener Aula der Wissenschaften die Ö-Cert-Enquete 2022 statt. Neben einem Festvortrag von Julian Nida-Rümelin zu Qualität in der Bildungspraxis reflektierten Elke Gruber und Robert Kramreither über die zurückliegenden 10 Jahre. Andere bekannte Gesichter aus dem Erwachsenenbildungsnetzwerk begeisterten musikalisch.
Ö-Cert ist ein österreichischer Qualitätsnachweis für Anbieter von Erwachsenenbildung. Auf Grundlage der Bund-Länder-Vereinbarung gem. Art. 15a Bundes-Verfassungsgesetz wurden in der letzten Dekade bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für Bildungsanbieter geschaffen, um Verwaltungsabläufe zu vereinfachen und Transparenz zu fördern. Ö-Cert gilt als europäisches Vorzeigeprojekt.
Im ersten Teil der Veranstaltung ging Julian Nida-Rümelin, Philosophieprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Frage nach, wie Qualität im Sinne eines humanistischen Weltbilds in der Erwachsenenbildung umgesetzt werden kann. Dabei wurden Optimierungsprozesse im Sinne von Standardisierung kritisch reflektiert und einige Stolperfallen aufgezeigt: Der Wert von Integrität und Bildungszielen unabhängig von ihrer Überprüfbarkeit und der Hinweis auf die vorherrschende Selektivität des Bildungssystems, die einer Einheit der Gesellschaft im Weg steht, sind Ausschnitte daraus. Für EntscheidungsträgerInnen zentral sind sicher auch seine Ausführungen zur Relevanz von Orientierungswissen im Vergleich zum spezialisierten Wissen und zu den Auswirkungen von normierten Bewertungssystemen, die mit einer Abwertung des Unprüfbaren einhergehen.
Der zweite Veranstaltungsteil begann mit einem Rückblick: Als sich in den 90er- bis 2000er-Jahren auch in der Erwachsenenbildung eine Marktlogik etablierte, gewannen Qualität und die Vereinheitlichung von Leistungen an Bedeutung. Aufgrund der Heterogenität der Landschaft wurde eine Definition von Erwachsenenbildung immer wichtiger. Nachdem in einem ersten Entwicklungsprozess die Theorie geschaffen wurde, erfolgte in den Jahren darauf die praktische Umsetzung durch die Einführung von standardisierten Abläufen, der Konstituierung einer Geschäftsstelle und des Akkreditierungsrates. Mittlerweile werden rund 1.350 Organisationen als Ö-Cert-Qualitätsanbieter geführt. Als zukünftiges Entwicklungsfeld wird ein Fokus auf Ebene der pädagogischen Professionalisierung gesehen, da die MitarbeiterInnen das Um und Auf einer jeden Bildungsarbeit darstellen. Diese Qualität wird nach Einschätzung von Elke Gruber nicht an Zertifikate geknüpft, sondern kommt durch das Commitment der beteiligten Personen zum Tragen.
Ergebnisse aus dem Monitoring der steirischen Erwachsenenbildung zeigen, dass rund zwei Drittel aller steirischen Einrichtungen qualitätszertifiziert sind, größtenteils sogar mehrfach. Rund die Hälfte wurde mit Ö-Cert akkreditiert. Durch eine Impulsförderung des Landes Steiermark konnten gemeinnützige Einrichtungen beim Erwerb von Qualitätstestaten unterstützt werden.
Zurück zur Veranstaltung: Den Schluss der Enquete bildete die Austauschmöglichkeit am Buffet. Zwischen den Programmpunkten sorgte die „Tsatsiki Connection“ für musikalische Highlights und mediterranen Flair, u.a. mit Harkan Gürses, der dem Bildungsnetzwerk durch seinen Beitrag beim Politisch-literarischen Quartett bekannt ist.
Nähere Informationen
zu Ö-Cert, wie z.B. zu Qualitätsanbietern und Zertifizierungsvoraussetzungen, finden Sie auf der Website der Ö-Cert-Geschäftsstelle: https://oe-cert.at