Frauen in traditionellen Männerberufen – eine schleppende Entwicklung | Bildung für Erwachsene in der Steiermark

Frauen in traditionellen Männerberufen – eine schleppende Entwicklung

März 2024

Frauen tasten sich nur schleppend in traditionelle Männerberufe vor. Nach wie vor interessieren sich 60 Prozent der weiblichen Lehrstellensuchenden für Berufe im Bereich Einzelhandels- und Bürokauffrau sowie Friseurin.

Frauen in traditionellen Männerberufen – eine Entwicklung, die nur äußerst mühsam vorangeht. Ein Blick in den Gleichstellungsbericht 2022 des Landes Steiermark zeigt, dass bei den Top-10 der häufigsten Lehrberufe noch immer die geschlechterstereotypen Ausbildungen dominieren. Das heißt: Einzelhandels-, Bürokauffrau und Friseurin beziehungsweise Stylistin bei den Mädchen und Metalltechnik, Elektrotechnik, Kraftfahrzeugtechnik bei den Burschen. Wenn junge Frauen einen nicht-traditionellen Lehrberuf ergreifen, dann am häufigsten im Bereich Metalltechnik – dort liegt der Frauenanteil damit bei 5,4 Prozent.

Ein Bild, das auch durch das Ranking der Wirtschaftskammer Steiermark zu den häufigsten Lehrberufen 2023 bestätigt wird: von den 5.004 weiblichen Lehrlingen haben sich mit 1.018 mit Abstand am meisten Mädchen für den Beruf der Einzelhandelskauffrau entschieden, gefolgt von der Bürokauffrau mit 485 Lehrlingen. Bei den nicht-traditionellen Frauenberufen liegt die Metalltechnik, 283 Lehrlinge, auf Platz eins. Wobei man von nicht-traditionellen Berufen übrigens dann spricht, wenn der Frauenanteil in der Beschäftigung in diesem Bereich unter 30 Prozent liegt.

Sanja Muchitsch © Bildungsnetzwerk

Die Steirerin Sanja Muchitsch versucht gerade als KFZ-Technikerin in einer Männerdomäne Fuß zu fassen – sie berichtet von ihren Erfahrungen und Hürden und zeigt sich voll motiviert: “ Ich bin eine Kämpferin und lasse mich nicht von meinem Weg abbringen.“
Sanja Muchitsch ist eine, die aus dieser „zugeschriebenen“ Tradition ausgeschert und in eine Männerdomäne eingestiegen ist – sie schließt gerade im bfi Bildungszentrum Graz-Süd ihre Lehre zur KFZ-Technikerin ab: „Für mich war schon als kleines Mädchen, als ich mit meinem Papa in der Garage Teile zerlegt und geschraubt habe klar, dass ich diesen Beruf ergreifen werde – und das ziehe ich jetzt auch durch.“ Wobei das Beispiel der 18-jährigen zeigt, dass es für Frauen nach wie vor mit Hürden verbunden ist, in einem traditionellen Männerberuf Fuß zu fassen. Muchitsch über ihre Lehrstellensuche: „Es gab verschiedene Gründe, warum ich nicht aufgenommen wurde – man wollte mir etwa das Arbeiten in einem reinen Männerteam nicht zumuten; mitunter waren es aber auch ganz pragmatische Gründe – vor allem kleine Firmen haben nicht die räumlichen Voraussetzungen wie eigene Umkleiden oder Toiletten für Frauen.“ Zum Interview mit Sanja Muchitsch in voller Länge >

Kerstin Slamanig © Lueflight

Vorbilder und Förderung für Frauen in Handwerk und Technik
Kerstin Slamanig, Geschäftsführerin des Bildungsnetzwerks Steiermark: „Es ist bedauerlich, dass Frauen immer noch an strukturellen Hürden scheitern, wenn sie sich für nicht-traditionelle Berufe entscheiden. Umso wichtiger, dass es Vorbilder wie Sanja Muchitsch gibt, die unbeirrt ihren Weg gehen – und umso wichtiger, dass Beratungs- und verschiedene Erwachsenenbildungseinrichtungen wie das bfi Bildungszentrum Graz-Süd diese Frauen auf ihrem Weg begleiten und unterstützen.“ In der Bildungsberatung im Bildungsnetzwerk Steiermark zeigt sich bei Neuorientierung und Weiterbildung nach wie vor, dass Frauen primär klassische Wege in die Bereiche Kinderbildung, Soziales und Pflege wählen.

Um diesem Trend entgegenzuwirken, gibt es beim AMS mit „Frauen in Handwerk und Technik“ (FiT) seit vielen Jahren ein Programm zur Förderung von Frauen in nicht-traditionellen Berufsbereichen. Dazu Renate Frank, Geschäftsführerin von ZAM, dem Zentrum für Ausbildungs-Management in der Steiermark: „Wir beraten, qualifizieren, vermitteln und bilden arbeitslose Frauen aus, die über die regionalen AMS-Stellen in unsere Häuser kommen. Und wir raten Frauen aus vielerlei Gründen immer wieder dazu, in diese nicht-traditionellen Felder zu schauen – nicht zuletzt aufgrund des erheblichen Einkommensunterschieds mit mindestens 25 Prozent weniger für Frauen in traditionellen Berufen.“

Auf unseren Informationsseiten zu Bildung und Beruf haben wir für einen ersten Einblick in ausgewählte Berufsfelder die benötigten Ausbildungen und mögliche Perspektiven sowie die aktuellen Gehaltsniveaus aus dem Gehaltskompass zu den am häufigsten nachgefragten Branchen aufbereitet. Ein Blick lohnt sich …

Bildungsnetzwerk Steiermark