Bibliotheken sind innovative Orte für Bildung, Sozialkontakt und Freizeit | Bildung für Erwachsene in der Steiermark

Bibliotheken sind innovative Orte für Bildung, Sozialkontakt und Freizeit

Sabrina Bamberger ist Bibliothekarin in der Stadtbibliothek Graz Ost und Sprachenkoordinatorin für alle Zweigstellen der Stadtbibliothek Graz – damit hat sie ihren Traumberuf gefunden. Bibliotheken sieht sie vermehrt als zentrale Orte der Erwachsenenbildung und wichtige konsumfreie Begegnungsräume.

Das Bild zeigt ein Portträt von Sabrina Bamberger, Bibliothekarin in der Stadtbibliothek Graz Ost und Sprachenkoordinatorin für alle Zweigstellen der Stadtbibliothek Graz.
Sabrina Bamberger Foto © privat

Sie sind Bibliothekarin – ein verstaubter Beruf?
Für Menschen, die noch ein altes Bild von Bibliotheken im Kopf tragen, mag das durchaus so sein. Die denken im Zusammenhang mit Bibliotheken tatsächlich noch an verstaubte Räume, die randvoll mit Büchern sind und in denen man ganz leise sein muss – wo man schmökert, ein Buch ausleiht und wieder weghuscht. Das entspricht, auch wenn es in Sachen Angebot und Ausstattung natürlich regionale Unterschiede gibt, absolut nicht mehr der Realität. Im Gegenteil: Bibliotheken werden mehr und mehr zu offenen Begegnungsräumen. Es sind soziale Treffpunkte und Bildungsorte, an denen Austausch und aktive Teilhabe gefördert werden.

Wie darf man sich das konkret vorstellen?
Bleiben wir einmal beim weitläufigen Angebot: Neben Büchern bieten wir hier in der Stadtbibliothek Graz Ost auch eine Vielzahl an Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen an – ebenso wie audiovisuelle Medien. Es gibt DVDs, Hörbücher oder auch Tonies. Seit 2021 haben wir beispielsweise den Themenschwerpunkt „Health & More“ mit einer aktuellen Auswahl rund um die Themen Ernährung, Bewegung und Entspannung. Insgesamt stehen unseren Besucherinnen und Besuchern fast 34.000 Medien zur Verfügung. Was aber vielfach gar nicht bekannt ist: In Bibliotheken kann man sich auch Dinge wie Musikinstrumente, Handwerkszeug und Küchenutensilien ausborgen. Und im Rahmen von Veranstaltungen wie der „Living Library Graz“ sogar Menschen.

Sie verleihen Menschen?
Ja! Menschen erzählen etwas aus ihrem Leben, von ihren Erfahrungen – andere hören zu und können Fragen stellen. Eine moderierte Veranstaltung, die sehr gut angenommen wird. Dazu kommen verschiedenste Veranstaltungen, wie Lesungen, Fachvorträge, Workshops und sogar eine Kleidertauschbörse bieten wir regelmäßig an. Es gibt offene Gesprächs- und Diskussionsrunden und nicht nur stilles Vor-sich-Hinschmökern und Lesen. Wobei natürlich auch dafür ansprechender Platz zur Verfügung steht. Wir haben hier in der Stadtbibliothek mehrere gemütliche Leseecken – da kann man sich einen Kaffee holen und sich in aller Ruhe auf einem Sofa dem Lesegenuss hingeben.

Wird das tatsächlich auch so genützt?
Mehr denn je! Wir merken erfreulicherweise ein stark wachsendes Interesse an unserer Bibliothek – und generell am Lesen. Allein die Benutzerzahlen haben sich in den vergangenen zwei Jahren verdreifacht. Erfreulich: Lesen wird vor allem im Sommer zu einer beliebten Freizeitaktivität und Bibliotheken werden dadurch zu gefragten Freizeitorten; deshalb haben wir jetzt bereits im zweiten Jahr auch über den Sommer ohne Ferienpause geöffnet. Allein unsere Stadtbibliothek hier in der Schillerstraße wird derzeit von rund 4.000 Menschen pro Monat besucht.

Worauf führen sie das zurück?
Das hat sicher mehrere Gründe. Einer ist bestimmt der Kostenfaktor: Bei uns kann man um nur 15 Euro im Jahr alle unsere Angebote nützen. Und diese werden, wie erwähnt, immer umfassender und damit für ein breites Publikum interessanter. In nordischen Ländern sind Bibliotheken schon lange gefragte Begegnungsräume, das ist jetzt auch bei uns im Kommen. Bibliotheken fördern Sozialkontakte, auch das macht sie für immer mehr Menschen interessant.  Nicht zuletzt wohl auch, um in einem konsumfreien Raum, der Einsamkeit zu entkommen.  Aber auch so neue Angebote wie „BookTok“ steigern die Nachfrage – vor allem Klassiker leben dadurch wieder auf.

Wie sind Sie eigentlich auf den Beruf der Bibliothekarin gekommen?
Ich habe Deutsch und Englisch studiert und bereits während des Studiums in der Stadtbibliothek in Graz-Gösting gearbeitet. Nach dem Studienabschluss habe ich mich als Lehrerin und auch als Bibliothekarin beworben – und meine Entscheidung fiel auf die Bibliothek.

Warum?
Weil diese Arbeit einfach alles vereint, was ich liebe. Die Bücher, das Lesen, die Sprache, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – ich habe ja auch eine Ausbildung zur Elementarpädagogin – den Kontakt mit Menschen, Veranstaltungen usw. Das ist ein unglaublich vielfältiges und spannendes Gesamtpaket und ich kann meine Expertisen voll und ganz einbringen.

Wie sehen Sie den aktuellen Stellenwert der Bibliothek in der Öffentlichkeit?
Da zeigt sich für mich ganz klar eine Schere. Die Einen wissen weitgehend nicht, wie eine Bibliothek funktioniert und was es dort alles gibt. Diese Gruppe versuchen wir vermehrt über verschiedenste Zusatz-Angebote wie Vorträge oder Workshops hereinzuholen. Für andere ist die Bibliothek eine Anlaufstelle, die sie in unterschiedlichsten Lebensphasen mehr oder weniger intensiv aufsuchen – interessanterweise oft dann, wenn sich im Leben etwas verändert. Wenn man etwa von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückkommt, wird die Bibliothek oft zum Anknüpfungsort. Ebenso, wenn man Kinder bekommt, den Job verliert oder wechselt, sich neu orientiert. Auch der Pensionsantritt ist so ein markanter Punkt – da bleibt wieder Zeit zum Lesen. Viele werden selbst literarisch tätig, andere suchen einfach Anschluss. Generell gesehen ist der Öffentlichkeit aber leider zu wenig bekannt, was eine Bibliothek alles ist und kann und anbietet.

Wie steht es um die Kooperation mit anderen Erwachsenenbildungs-Einrichtungen?
Wir fungieren da in erster Linie als Schnittstelle und legen Informationen über Angebote anderer Erwachsenenbildungs-Einrichtungen auf. Mit dem Büchereiverband Österreich und der amerikanischen Botschaft läuft mit „American Shelves“ beispielsweise ein sehr erfolgreiches Projekt. 

Was würden Sie sich für Ihre Arbeit von Seiten der Erwachsenenbildung wünschen?
Informationen und Austausch bezüglich Schwerpunkt-Themen und Aktionen, damit man etwaige Anknüpfungspunkte ausmachen und gegebenenfalls kooperieren kann. Solche Kooperations- und Netzwerkarbeiten sind halt immer auch eine Ressourcenfrage.

Welche Bedeutung haben Bibliotheken für die Erwachsenenbildung generell?
Eine sehr sehr wichtige! Vor allem, weil wir sehr niederschwellig angelegt sind. Unsere Angebote sind kostenlos und ohne Anmeldung frei zugänglich; wir sind partizipativ, man kann sich also einbringen, mitgestalten, aktiv werden. Bibliotheken sind sehr flexible, offene Einrichtungen wo man jederzeit völlig unverbindlich kommen und gehen kann. Daher sehe ich die Zukunft von Bibliotheken auch sehr positiv. Sie sind der sogenannte „dritte Ort“ – für Bildung, Freizeit, Austausch, konsumfreien Aufenthalt usw. – neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz also ein zentraler Raum.

Was ist ihr persönliches Lieblingsbuch?
Harry Potter ist seit meiner Teenie-Zeit auf meiner Hitliste. Momentan steht da auch die „Mitternachtsbibliothek“ von Matt Haig ganz vorne. Ein Buch, das ich auch immer wieder empfehle und das junge wie hochbetagte Menschen gleichermaßen begeistert. Ein Buch, das zeigt, dass man dem Verpassten nicht nachweinen soll.

Ihr Wunsch für die heimische Bibliothekslandschaft?
Dass es sich noch besser herumspricht, was eine Bibliothek heutzutage alles zu bieten hat. Schön wäre auch eine gesetzliche Verankerung der Förderung; momentan ist es ja der Willkür der Gemeinden überlassen, ob sie fördern oder nicht. Vielfach bestehen Bibliotheken „nur“ aufgrund des Engagements von Freiwilligen. Das ist schade. Denn die Arbeit in einer Bibliothek ist intensiv und fachlich anspruchsvoll; um hier internationale Qualität bringen zu können braucht es Vollzeitjobs.

Sie sehen den hohen Anteil an Ehrenamtlichen also kritisch?
Das hat zwei Seiten. Bibliotheken nehmen in der Bildungslandschaft und in unserer Gesellschaft generell einen sehr wichtigen Platz ein. Da sollte man also auch entsprechend Personal bereitstellen, um dem gerecht zu werden. Grundsätzlich ist das Ehrenamt aber natürlich aus vielerlei Hinsicht zu begrüßen   – nicht zuletzt, weil es Menschen eine aktive Teilhabe ermöglicht, weil es der Vereinsamung entgegenwirkt und weil es eine wichtige und wertvolle Bereitstellung von Wissen für andere ist. Das kann eine absolute Win-Win-Situation sein wie etwa unser Angebot „Besuch&Buch“ zeigt. Da bringen ehrenamtliche Bücherbotinnen und Bücherboten älteren oder in der Mobilität eingeschränkten Menschen Bücher nach Hause oder in eine Einrichtung – inklusive Zeit zum Vorlesen oder Plaudern.

Bildung wirkt … am besten, wenn sie einen ein wenig aus der Komfortzone holt.

Weiterführende Informationen

Im Weiterbildungsnavi Steiermark finden Sie tausende Bildungsangebote zu unterschiedlichen Themen. Es ist bestimmt auch etwas für Sie dabei! Hier finden Sie auch weiterführende Informationen zu den Angeboten der Bibliotheken. Über eine eigene Infoseite zum Thema Bibliotheken können auf der Website des Bildungsnetzwerk Steiermark grundsätzliche Informationen dazu, was öffentliche Bibliotheken leisten, abgerufen werden.

Und wenn Sie noch nicht ganz wissen, welche Chancen es für Sie im Bildungskontext gibt: Information und Beratung zu allen Fragen der Aus- und Weiterbildung für Erwachsene erhalten Sie im Bildungsnetzwerk Steiermark anbieterneutral und kostenlos:

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