Verkäuferin, Astronautin oder Hausfrau mit Matura – als Kind hatte ich viele Pläne | Bildung für Erwachsene in der Steiermark

Verkäuferin, Astronautin oder Hausfrau mit Matura – als Kind hatte ich viele Pläne

Wir haben mit Lisa Walter, Referentin für Elternbildung im Land Steiermark, über ihre Berufswünsche, ihre persönlichen Pläne für die Zukunft und aktuelle Herausforderungen in der Elternbildung gesprochen.

Lisa Walter (Foto © Bildungsnetzwerk)

Was wollten Sie als Kind einmal werden?
Ich hatte als Kind viele Pläne: Erst Verkäuferin, Ärztin ohne Grenzen, Astronautin, dann Archäologin … wichtig war mir eine Zeit lang: wenn möglich nicht den Beruf der Eltern – sie sind beide im Sozialbereich tätig. Als Jugendliche wollte ich dann lange – bis zur Matura hin – Hausfrau werden … Hausfrau mit Matura.

Und welchen Bildungsweg haben Sie dann tatsächlich eingeschlagen?
Ich habe Soziologie studiert – aus Interesse am Weltgeschehen und daran, wie Dinge zusammenhängen und warum das Leben so ist, wie es ist. In Deutschland durfte ich auch „die Frankfurter Schule“ der Sozialforschung kennenlernen und sehen, wie unterschiedlich Uni funktionieren kann … nach diesen wunderbaren Erfahrungen war es schwer zurückzukommen. Zur Finanzierung des Studiums habe ich als Erntehelferin gearbeitet – vom Rosenschneiden bis zum Unkrautjäten.

Was bedeuten generell Lernen und Bildung für Sie?
Lernen kann so vieles sein und es passiert immer und überall. Das muss gar nicht immer in einer Institution stattfinden. Wichtig ist das Lesen als Werkzeug für Lernen und Bildung. Ich selbst habe zum Glück schon in der Volksschule sehr viel gelesen … einmal wurde sogar meine Mutter angerufen, weil ich in der Schule so müde war … dabei hatte ich nur heimlich ab vier Uhr in der Früh mein aktuelles Lieblingsbuch fertiggelesen [lacht]. Bildung kommt erst später, nach dem Lernen und wenn man neue Zusammenhänge erkennt. Wie es heißt: „Bildung ist das, was übrigbleibt, wenn man vergisst, was man gelernt hat.“[1]

Wie sind Sie zu Ihrer Aufgabe in der Elternbildung im Land Steiermark gekommen?
Nach einem Jahr Feldforschung, im Zuge meiner Masterarbeit, zu den Bedürfnissen älterer Menschen im Bezirk Weiz kam ich über eine Stellenausschreibung nach Vorarlberg in die Flüchtlingshilfe. Bei dieser Arbeit im Kontext der Flüchtlingskrise habe ich sehr viel gelernt. Die Bedürfnisse der Kinder nach Nähe waren enorm. Noch Wochen später bin ich in der Nacht aufgewacht und hatte das Gefühl, es hängt ein Kind an mir. Danach folgte ein Verwaltungspraktikum beim Land Vorarlberg im Rahmen des Projektes „Vorarlberg lässt kein Kind zurück“. Bald hatte ich aber Heimweh in die Steiermark. Was nutzt der tollste Job, wenn du nicht glücklich bist? Ich konnte dann mit dem Start der steirischen Landesinitiative „Gemeinsam stark für Kinder“ hierher in meine Heimat wechseln.

Gibt es aktuell besondere Herausforderungen in der Elternbildung?
Ja, die gibt es in Familien mit Kindern immer. Besonders wichtig finde ich aber aktuell die politische Bildung. Wir dürfen mit 16 wählen, das ist gut so, aber in der Schule lernen wir erst mit 17 oder 18 etwas über politische Parteien, da haben Eltern schon eine große Verantwortung und Rolle. Elternbildung betrifft uns alle, weil wir sind ja immer entweder Kinder, Eltern, Großeltern oder Beziehungspersonen … leider ist Bildung allgemein immer noch angstbehaftet. Dabei geht es gerade bei Elternbildung vorrangig um Austausch mit anderen Eltern und um sich zu stärken. Wir können dabei unsere Fähigkeiten neu oder wiederentdecken. Eltern sind die ExpertInnen bei der Erziehung ihrer Kinder und sie sollen wissen, dass es Unterstützung gibt, wenn sie möchten oder es gerade brauchen. Das ist es auch, was ich an meiner Arbeit so schätze: Es geht darum, Eltern und Kinder gut durchs Leben zu begleiten!

Und Ihre eigene Weiterbildung, haben Sie schon Pläne?
Beruflich bilde ich mich regelmäßig weiter, ob Online-Weiterbildungen oder das Lesen aktueller Studien … so etwa alle zwei Jahre verspüre ich aber den Drang, etwas ganz Neues zu lernen. Eine Wedding-Planerin-Ausbildung würde mich jetzt gerade zum Beispiel interessieren, denn eine Hochzeit ist wie ein Projekt – die Erfahrung mache ich aktuell persönlich … und später, wenn ich einmal in Pension gehe, werde ich ganz sicher noch das Doktorat in Soziologie machen, wahrscheinlich im Bereich Gesundheitskompetenz. In der Zwischenzeit werde ich bestimmt noch viele unterschiedliche Weiterbildungen besuchen und viele neue faszinierende Menschen kennenlernen.

Was möchten Sie Menschen mitgeben, die sich bislang noch nicht für Weiterbildung interessiert haben?
Wir haben das Glück, dass wir unsere Gesellschaft mitgestalten können und ich bin wirklich dankbar für diese Möglichkeit, das gibt es nicht überall auf der Welt. Mitgeben möchte ich: Du bist hier in dieser Welt nicht allein, es geht nicht nur um dich. Setz dich mit der Welt und damit, was um dich herum passiert, auseinander, sonst wirst du letztlich sehr einsam sein.

Bildung wirkt … auf allen gesellschaftlichen Ebenen.

Weiterführende Informationen

Im Weiterbildungsnavi Steiermark finden Sie tausende Bildungsangebote zu unterschiedlichen Themen. Es ist bestimmt auch etwas für Sie dabei! Hier finden Sie natürlich auch Informationen und die aktuellen Angebote zu Elternbildung in der Steiermark.

Und wenn Sie noch nicht ganz wissen, welche Chancen es für Sie im Bildungskontext gibt: Information und Beratung zu allen Fragen der Aus- und Weiterbildung für Erwachsene erhalten Sie im Bildungsnetzwerk Steiermark anbieterneutral und kostenlos:

Bildungsnetzwerk Steiermark

Bildungsberatung und Information

[1] Das Zitat wird mehreren berühmten Persönlichkeiten, wie Einstein, Heisenberg, … zugeschrieben, es stammt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von Georg Kerschensteiner, einem deutschen Reformpädagogen (1874–1932)