Der Virus in der Aus- und Weiterbildung
Wir fragen gerne – also fragen wir Sie: Haben Sie Erwachsenenbildung medial wahrgenommen?
Die österreichischen Erwachsenenbildungseinrichtungen zählen jährlich über 5 Millionen Teilnahmen, alleine in der Steiermark wurden alleine von 62 Organisationen 2018 fast 21.000 Aus- und Weiterbildungsangebote offeriert – Aus und Weiterbildungen, die für Erwachsene in allen Lebenslagen einen Mehrwert darstellt und gesellschaftlich wie wirtschaftlich eine nicht wegzudenkende Größe darstellen. Es geht um die Steigerung der Teilhabemöglichkeiten und um die Stärkung verschiedenster Kompetenzen, die nur durch Bildung – ob informell oder formal erworben – möglich werden.
Der Lockdown aufgrund der CoV-Maßnahmen stoppte zwischen Mitte März und Ende Mai mehr als 80% der geplanten Bildungsveranstaltungen – wirtschaftlich, gesellschaftlich und individuell mehr als eine Herausforderung! Zahlreiche Aus- und Weiterbildungseinrichtungen reagierten rasch und wo immer möglich wurden auch Online-Angebote offeriert, aber …
… was bedeuteten die Maßnahmen für die Erwachsenenbildung, für die Einrichtungen, was für die tausenden MitarbeiterInnen und TrainerInnen (Angestellte und freie DienstnehmerInnen), was für KundInnen und was für unsere Gesellschaft (wenn wir uns recht erinnern, gab es da mal einen Begriff – wir glauben, der hieß Wissensgesellschaft)?
Wir fragen gerne – also fragen wir Sie: Was haben Sie medial wahrgenommen? Gesundheitsversorgung … ja … dann … Wirtschaft (undifferenziert)? Gastronomie? Tourismus? Industrie? … und ja, Schule – Schule interessiert … dann mit Abstand folgend Sport und Kultur. Und dann? Haben Sie aus den Medien von Erwachsenenbildungseinrichtungen gehört, die sich medial in Szene setzten, dass „man“ mit ihnen nicht spricht? Dass sie ebenso Probleme haben wie viele andere, die von einen Tag auf den anderen keine Existenzgrundlage oder Sicherheit für die nahe Zukunft mehr hatten?
Was ist mit erwachsenen Menschen, die Hunger auf Bildung haben? Damit meinen wir nicht ausschließlich die Notwendigkeit der Weiterbildung im beruflichen Kontext als zentralen Beitrag zur persönlichen wirtschaftlichen Absicherung. Hunger auf Toilettenpapier, Nudeln und Germ, ja … Hunger auf den „freien“ Konsum ohne störende Masken im Handel auch der Wunsch nach der Freiheit des Reisens wird nun ein wenig lauter …
Haben Sie den Ruf nach Bildung vernommen oder wahrgenommen, dass eine Nachfrage medial erörtert wird, wie es um den Bereich der Aus- und Weiterbildungen bestellt ist? Aus TV oder Tageszeitungen? Aus den sozialen Medien? … Oder doch eher aus dem privaten oder eigenen beruflichen Umfeld? Ja, dort … Wir wünschten in den letzten Wochen so oft, dass wir ALLE Stimmen zusammenfassen können, medial aufgenommen unüberhörbar werden! Ja, es betrifft systemrelevante Einrichtungen, wenn wir Bildungsangebote beruflich und allgemein wieder als solches begreifen lernen. Ja, es betrifft Menschen, MitarbeiterInnen, freie DienstnehmerInnen, ehrenamtliche MitarbeiterInnen und KundInnen! Tausende Menschen in der Steiermark!
All die Vielen hoffen auf den Herbst, auf Möglichkeiten, die die Aus- und Weiterbildung für sie bereitstellen kann. Und für diese braucht es eine Stimme, eine Öffentlichkeit, braucht es Unterstützung. Und die beginnt mit dem Wahrgenommen werden – bei Medien, bei EntscheidungsträgerInnen.
Wir haben im Bildungsnetzwerk in dieser herausfordernden Zeit versucht, einen Beitrag zu leisten für die Erwachsenenbildung und damit für ihre KundInnen, um Teilhabe an Bildung auch in diesen schwierigen Zeiten möglich zu machen – mit Informations- und Workshop-Angeboten sowie mit der Anpassung unseres Weiterbildungsnavis die Erwachsenenbildungseinrichtungen zu unterstützen. Im steten österreichweiten Austausch im Ländernetzwerk Weiter.Bildung und mit der KEBÖ, die die herausfordernden Verhandlungen auf Bundesebene aufnahm, haben wir auch Anliegen aus der ARGE Erwachsenenbildung gebündelt, vor allem jener, die nicht in Dachverbandsorganisationen verankert sind, um Ihnen bei EntscheidungsträgerInnen eine Stimme zu geben. Einiges ist gelungen, und dennoch muss gesagt werden, wir haben in der Erwachsenenbildung noch viel vor uns. Bundespolitisch* fühlen sich die Institutionen nicht wahrgenommen – das wird sich ändern müssen!
Manchesmal stellten wir uns die Frage: Hat der Virus der Unsichtbarkeit hier durch CoV noch einen Partner erhalten, der die Wirkung verstärkt? Erwachsenenbildung hat bei ihren KundInnen einen hohen Stellenwert – sowohl die berufliche wie auch die allgemeine! Es gilt den Stellenwert der Erwachsenenbildung gerade in Zeiten wie diesen sichtbar zu machen, wahrgenommen, gehört und gesehen zu werden! In der Öffentlichkeit, in den Medien, bei EntscheidungsträgerInnen.
Es braucht UnterstützerInnen, PartnerInnen bei den Antworten auf aktuelle Fragen wohin die Erwachsenenbildung geht. Wie werden es Einrichtungen schaffen, mit den Maßnahmen, gekürzten Ressourcen (fehlende TeilnehmerInnen) und Mehraufwand – administrativ wöchentliche und teils tägliche Neukalkulationen, Planungen ohne Planungssicherheit, digitale Angebote, die deutlich mehr an Entwicklung und Umsetzungszeit und -geld brauchen und pädagogisch ebenso wie analoge Qualität offerieren müssen?
Die Erwachsenenbildung ist flexibel und bedarfsorientiert – viele Lösungen werden geboten – und dabei braucht es Unterstützung von allen!
Trotz aller herausfordernder Rahmenbedingungen bleiben wir positiv – wir freuen uns auf einen großartigen Herbst, der digital und analog wieder eine Vielfalt an Chancen für Aus- und Weiterbildung bieten soll. Wir freuen uns über und auf die Unterstützung unserer PartnerInnen im Land Steiermark und setzen auch weiterhin darauf, dass sowohl medial wie auch bundespolitisch hier die Wahrnehmbarkeit wächst – hier gilt es hartnäckig zu bleiben! In den Schwerpunktthemen Umwelt und Demokratie setzen wir gemeinsam in der Steiermark und darüber hinaus ein starkes Zeichen!
* Hier finden Sie die Presseinformation des Ländernetzwerks Weiter.Bildung, die vom Vorsitzland Tirol an bundesweite Medien übermittelt wurde. Sie basiert auf einer Umfrage des Ländernetzwerks Weiterbildung unter den Erwachsenenbildungseinrichtungen. Die klare Botschaft: „Eine zukunftsfähige Erwachsenenbildung fordert die echte Anerkennung durch politisch Entscheidungstragende und eine solide finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand. Motivierte, innovative hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeitende gibt es in allen ländlichen und urbanen Regionen Österreichs. Sie erwarten ein Signal der Politik!“