Frauenspezifische Bildungsangebote
Frauenspezifische Bildungsangebote sind ein wesentlicher Teil am Weg zur Geschlechter-Gleichstellung! Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, wird es die in Österreich allerdings erst in etwa 135 Jahren geben.
In Österreich wird es sage und schreibe noch an die 135 Jahre dauern, bis man von einer Gleichstellung zwischen Mann und Frau sprechen kann. Umso wichtiger ist es, Frauen auf ihrem Weg aus dieser Ungleichheit professionell und wirkungsvoll zu unterstützen – und das ganz besonders auch im Bereich der Erwachsenenbildung. Denn: Bildung ist ein wesentlicher Faktor für gleichgestellte Teilhabe!
„Ob bei Job- und beruflichen Aufstiegschancen, beim Gehalt, bei der Kinderbetreuung, bei den Pensionen oder beim Thema Altersarmut – es gibt in unserem Land nach wie vor ganz viele Bereiche, in denen sich das Frausein negativ auswirkt“, bedauert Valentina Pettinger, Geschäftsführerin von nowa, dem Verein für Erwachsenenbildung, Frauen und Gleichstellung. Und weist darauf hin: „Die Benachteiligung von Frauen zeigt sich aber immer wieder auch darin, was ihnen zugetraut oder nicht zugetraut wird, welche Kompetenzen man ihnen zuschreibt beziehungsweise eben nicht zuschreibt. Daher ist es enorm wichtig, Frauen für den Weg aus dieser Ungleichheit zu stärken. Eigene Bildungsangebote sind dahingehend wesentlich und unerlässlich.“ Denn gerade der Bildungsbereich sei im Kampf für die Gleichstellung von Frauen entscheidend. „Bildung befähigt zur Teilhabe! Weil Frauen, nicht zuletzt aufgrund ihrer Sozialisierung, jedoch andere Bedürfnisse und Zugänge in Sachen Wissenserwerb haben, braucht es für sie auch spezielle Rahmenbedingungen“, betont Pettinger die Notwendigkeit eigner (Lern-)Räume.
Frauen brauchen eigene (Lern-)Räume – und Ermutigung
Denn: „Nur in Räumen, in denen sich Frauen wohlfühlen, gelingt es, sie zu stärken, zu fördern und fit für die Teilhabe zu machen – sei es mit Sprach- und Computerkursen, in Projekten rund um die Nutzung Sozialer Medien oder zur „Digitalisierung in der Pflege“, aber auch im Rahmen so genannter Netzwerk-Frühstücke für Unternehmerinnen. Reine Frauengruppen stellen für viele eben solche „Wohlfühlräume“ dar. Aber auch in Einzelsettings werden Frauen professionell betreut; beispielsweise, wenn es um individuell zugeschnittenes Karrierecoaching geht.
Pettinger: „Sehr oft bemerken wir leider, dass Frauen sich bezüglich ihrer Kompetenzen sprichwörtlich ,runterreden‘ und sehr wenig zumuten. Da braucht es Ermutigung und Empowerment. Es gilt die Selbstwirksamkeit zu stärken – und das funktioniert in reinen Frauengruppen einfach am allerbesten.“
Großes Augenmerk auf die ältere Generation und Angebote sowie Kooperationen vor Ort
Einen ganz besonderen Fokus legt „nowa“ dabei auf die ältere Generation. „Gerade was die Digitalisierung und das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen angeht, müssen ältere Menschen besonders befähigt und ermutigt werden – sei es rund um die Anwendung des Smartphones, der Internet-Recherche, der Nutzung von Handy und Computer – etwa bei Ticketkäufen oder Reservierungen usw.“, betont Pettinger.
Wichtig sei es, die Menschen abzuholen – auch regional. Deswegen werden auch Bildungsangebote vor Ort forciert. Das ermöglicht vor allem Frauen in Beschäftigung, aber auch jenen in Karenz sowie weniger mobilen Frauen die Beteiligung. Dahingehend wird auch intensiv mit anderen Organisationen kooperiert, um möglichst wirksam und gemeinsam Angebote und Wege zu finden und anzubieten, die Frauen dabei helfen, sich aus der Geschlechterdiskriminierung zu befreien.
Wikipedia muss weiblicher werden
Pettingers Wunsch: „Laut dem Global Gender Gap Report 2022 braucht es in Österreich beim gegenwärtigen Entwicklungstempo noch 135 Jahre, bis es zu einer Geschlechter-Gleichstellung kommt. Daher: In allen Bereichen unserer Gesellschaft, bei allen Gesetzen und Regelungen die Frauenperspektive mitdenken! Und Korrekturen vornehmen, wo es notwendig ist. Wie zum Beispiel beim Online-Lexikon Wikipedia, wo ja rund 90 Prozent der Einträge von Männern verfasst werden. Das hat gewaltige Auswirkungen auf die Darstellung von Frauen und ihren Leistungen und trägt dazu bei, dass sich Ungleichstellungen im Netz immer weiter verbreiten. Wir laden daher Frauen zu einer offenen Schreibgruppe ein, in der Wikipedia-Einträge analysiert und neu geschrieben werden.“ Und: „Mittlerweile tut sich in Sachen Geschlechtergleichstellung zwar durchaus Erfreuliches, das Thema muss aber noch tiefer verankert und vor allem noch schneller vorangetrieben werden.“
„Steiermark bietet breites frauenspezifisches Angebot„
Das betont auch Kerstin Slamanig, Geschäftsführerin des Bildungsnetzwerks Steiermark: „Es ist beschämend, dass wir 2023 noch immer tradierte Rollenbilder vorfinden, und von Gleichstellung in Teilbereichen wieder weiter entfernt sind als noch vor ein paar Jahren! Eigentlich ist es ein Drama, dass es im Jahr 2023 für Frauen nach wie vor spezifische Angebote und geschützte Räume für die Weiterbildung braucht – aber das ist die Realität.“
Übrigens: In der Steiermark bieten neben Einrichtungen wie dem Frauenservice, dem Frauengesundheitszentrum oder den Frauen- und Mädchenberatungsstellen auch verschiedene engagierte Einrichtungen der Erwachsenenbild wie die Volkshochschule oder das Katholische Bildungswerk spezifische Weiterbildungsangebote für Frauen an. „Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Mädchen und Frauen. Auch in der Hoffnung, dass wir nicht noch weitere 135 Jahre zur Gleichstellung brauchen!“, so Slamanig.
Land Steiermark forciert mit Steirischer Gleichstellungsstrategie Teilhabe von Frauen
Auf politischer Ebene bildet die Steirische Gleichstellungsstrategie, die im Jahr 2021 verabschiedet wurde, die Basis für Maßnahmen zur Gleichstellung zwischen Frauen und Männern mit neun strategischen Handlungsfeldern und 26 Zielen. Entscheidend für die Erreichung dieser Ziele sind Zahlen, Daten und Fakten zu den Lebensrealitäten von Frauen und Männern. Diese wurden umfassend erhoben und in einem eigenen Handbuch vorgelegt. Sie stellen für EntscheidungsträgerInnen, AkteurInnen sowie Interessierte im Bereich Gleichstellung eine wichtige Grundlage dar. Nicht zuletzt deswegen, weil sie unter anderem aufzeigen, dass so wesentliche Bereiche wie der Bildungsweg und die Berufswahl noch immer geschlechterstereotypen Rollenbilder unterliegen; Frauen nach wie vor überwiegend in Teilzeit arbeiten und in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, Elternkarenz weiterhin häufiger und länger von Frauen in Anspruch genommen wird und es nach wie vor gravierende Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern gibt.
Weiterführende Informationen
Ein Interview mit Valentina Pettinger „Ich bin immer dabei, etwas zu lernen“ >
Weiterbildungsnavi Steiermark > | Global Gender Gap Report 2022 > | Gleichstellungsstrategie des Landes Steiermark > | Steiermark Gleichstellung in Zahlen 2022 >